Die Bankenwelt ist aktuell sehr in Bewegung. Risikogeschäfte, Boni, Pleiten, Pech und Pannen, Vertrauensverlust. Betroffen sind die Grossbanken. Doch wie steht es bei den Regionalbanken? Sie sind es, welche die Regionen am Leben erhalten, das Gewerbe stützen und den Privaten Sicherheit geben. WURZEL wollte es genau wissen und fragte bei der Bernerland Bank nach.
Die Bernerland Bank gibt es jetzt seit 2002 …
Christoph Brand: Stopp! Die Wurzeln der Bernerland Bank reichen bis weit ins 19. Jahrhundert hinein. 1847 nämlich wurde die Ersparniskasse Dürrenroth gegründet. Sie ist die älteste der vier Regionalbanken, die 2002 zur Bernerland Bank fusionierten. Auch die Gründungen der Ersparniskasse Wyssachen (1848), der Spar- und Leihkasse Sumiswald (1859) und der Spar- und Leihkasse Madiswil (1894) datieren alle aus dem 19. Jahrhundert. Die Spar- und Leihkasse Sumiswald fusionierte bereits 1993 mit der 1900 gegründeten Amtsersparniskasse Sumiswald. Wir sind also fast seit Menschengedenken in den Regionen Emmental und Oberaargau verwurzelt.
Hat die Fusion Staub aufgewirbelt?
Christoph Brand: 2002 war ich Lehrling bei der Spar- und Leihkasse Madiswil und erlebte die Fusion hautnah mit. Die Generalversammlung, an der die Aktionärinnen und Aktionäre ihre Zustimmung zur Fusion gaben, war meine zweite. Ich weiss noch genau, wie ich damals mit drei Einkaufswägeli voll mit Präsenten vom Coop zur Linksmähderhalle laufen musste. Das war mir damals ein wenig peinlich. Die Gespräche an der GV waren intensiv, denn immerhin ging es darum, die Eigenständigkeit aufzugeben. Aber alles lief gesittet ab. Am Schluss wurde sauber abgestimmt.
Was gab es als Geschenk für die Aktionärinnen und Aktionäre?
Christoph Brand: Eine schöne BLB-Uhr. Ich habe keine Ahnung, ob noch irgendwo eine vorhanden ist. Immerhin ist das jetzt über 20 Jahre her.
Ging das Geschäft auch bei den anderen beteiligten Banken so reibungslos über die Bühne?
Christoph Brand: In Sumiswald und Wyssachen lief es ähnlich ab. Einzig in Dürrenroth war es etwas schwieriger. Aber schliesslich ist es auch dort gut gekommen.
Christoph Brand ist seit 2022 Leiter Region Oberaargau bei der Bernerland Bank. Davor hat er als Kundenberater und Filialleiter gearbeitet und sich zum Bankwirtschafter Weitergebildet. Der gebürtige Wyssacher lebt heute in Gettnau und engagiert sich als Spieler und Trainer im Volleyballsport.
Weshalb musste überhaupt fusioniert werden?
Michael Elsaesser: Man hat bereits damals gesehen, dass die ganzen Kosten, vor allem in der IT mit der Digitalisierung für eine kleine Regionalbank mit einer Filiale schwer zu stemmen sind.
Christoph Brand: Wenn ich mich zurückerinnere, wie wir früher agieren konnten, ist es mit den heutigen Vorschriften schon ganz anders. Damals konnten wir noch hinter einen Namen, den wir kannten, einfach ein Gutzeichen setzen. Heute brauchen wir Ausweiskopien, Fragebogen etc., einfach Pflichten, die alle Banken mit ihren Kundinnen und Kunden erledigen müssen.
Michael Elsaesser: Das sorgt manchmal für Erstaunen. Es gab schon Kunden, die sagten, jetzt bin ich seit 40 Jahren bei dieser Bank, und jetzt willst du plötzlich eine Ausweiskopie erstellen. Natürlich erklären wir unserer Kundschaft dann gerne, weshalb diese Abklärungen in der heutigen Zeit wichtig und sinnvoll sind.
Christoph Brand: Wir hatten mehrere Systemwechsel, die uns immer etwas professioneller machten. Das war auch notwendig, denn die Banken wurden immer stärker reguliert.
Auch bezüglich Filialen hat sich etwas getan.
Michael Elsaesser: Heute umfasst unser Netz neun Filialen, vier davon im Oberaargau. Wobei die Filiale in Madiswil per Ende Juni dieses Jahres geschlossen wird.
Wo liegen die Hintergründe dieser Schliessung?
Michael Elsaesser: Wir wollen unsere Bedeutung als Regionalbank stärken. Es geht also vor allem um die Effizienz und um die Bündelung der Kräfte. Wir planen keinen Stellenabbau. Die Mitarbeitenden von Madiswil erhalten einfach einen neuen Arbeitsplatz. Im Oberaargau sind wir danach in Huttwil, Herzogenbuchsee und Langenthal mit mehr Personal vertreten.
Was macht eigentlich eine Regionalbank aus?
Michael Elsaesser: Wir kennen die Region und unsere Kundschaft. Da bestehen oft jahrzehntelange Beziehungen. Bei uns geht es ums Zahlen, Sparen, Anlegen, Finanzieren und die Vorsorge. Das sind unsere Sparten, in denen wir tätig sind. Wir machen unsere Geschäfte mit gesundem Menschenverstand und gehen keine hohen Risiken ein, die am Schluss niemand managen kann. Zudem sind wir sehr solide aufgestellt. Sowohl was die Liquidität als auch die Eigenmittel betrifft. Und was ich immer gerne betone: Die Bernerland Bank zahlt keine Boni.
Die Bernerland Bank ist verwurzelt und ein Lebenselixier für die ganze Region.
Sie kommen ohne Boni aus? Welche finanziellen Anreize schaffen Sie stattdessen?
Michael Elsaesser: Gar keine. Weder auf Stufe Verwaltungsrat noch in der Geschäftsleitung und in keiner Abteilung. Wir zahlen feste Gehälter. Wir wollen kein Anreizsystem, das zu Interessenskonflikten und Fehlanreizen führen kann.
Wie meinen Sie das?
Christoph Brand: Damit verhindern wir, dass in einer persönlichen Kundenberatung ein Anreizsystem eine Rolle spielt. Unsere Mitarbeitenden beraten ihre Kundinnen und Kunden anhand von deren persönlichen Bedürfnissen und ohne Beeinflussung durch ein Anreizsystem.
Michael Elsaesser: Wir wollen auch intern keine Einzelkämpfer/innen. Deshalb ist es auch kein Problem, wenn es intern zu Überschneidungen kommt. Wenn ein Kunde lieber von einer Beraterin aus einer anderen Filiale bedient werden will, weil er diese persönlich kennt, ist ein solcher Wechsel problemlos möglich.
Wir entnehmen Ihren Ausführungen, dass Ihnen Teamgeist wichtig ist.
Michael Elsaesser: Das stimmt. Und wir wollen zufriedene Mitarbeitende. Das scheint uns zu gelingen. Wir haben eine sehr niedrige Fluktuation. Wir fordern und fördern die Eigeninitiative und das unternehmerische Denken bei unseren Mitarbeitenden. Wir sind auf den sozialen Medien sehr aktiv. Ein Video, in welchem wir Bewerberinnen und Bewerbern unsere Bank, den Arbeitsplatz und die Aufgaben vorstellen, kam auf auf Eigeninitiative unserer Mitarbeitenden zustande.
Treffen die Attribute «konservativ» und «innovativ» auf Ihr Institut zu?
Christoph Brand: Konservativ überhaupt nicht. Wir sind der Tradition verbunden und in der Region verwurzelt. Beides ist nicht als konservativ zu verstehen. Mit «innovativ» haben Sie aber recht.
Michael Elsaesser: Wir spüren die Verbundenheit der Region zu unserem Institut. Kürzlich haben wir im Bären Madiswil pensionierte Mitarbeitende, Geschäftsleitungs- und VR-Mitglieder empfangen. Wir treffen uns einmal pro Jahr zu einem Austausch mit unserer VR-Präsidentin, Frau Dr. Michèle Etienne, und der Geschäftsleitung. Das war ein cooler Anlass, der auch den Zusammenhalt aufzeigt. Die Leute kommen noch nach Jahrzehnten und zeigen ihre Verbundenheit mit der Bank.
Das Interview wurde von Bruno Wüthrich geführt und verfasst.
Es ist im Magazin WURZEL in der Ausgabe 4/2023 erschienen.