Stellen Sie sich vor: Sie sitzen gemütlich mit Ihren Liebsten bei Kaffee und Kuchen im Garten, als plötzlich der Backofen piept. Sie schauen nur kurz nach dem Rechten und da passierts: Sie stolpern über die Türschwelle und schlagen mit dem Kopf unglücklich auf dem Boden auf. Eine unerwartete Situation, die das Leben von Ihnen und Ihrer Familie von einer Sekunde auf die andere komplett verändern kann.
Das leistet ein Vorsorgeauftrag für Ehepaare
Ehepaare gehen häufig davon aus, einander uneingeschränkt vertreten zu können. Das ist aber nur bedingt richtig. Denn die gesetzlichen Vertretungsrechte decken in der Schweiz nur alltägliche Angelegenheiten ab. Damit sind in erster Linie alle Rechtshandlungen gemeint, die zur Verwaltung des Einkommens und Vermögens dienen. Man spricht in dieser Hinsicht auch von der Deckung des Unterhaltsbedarfs. Ist die Partnerin oder der Partner nicht mehr urteilsfähig, fallen grundlegende Entscheidungen ausserhalb dieser gesetzlichen Vertretungsrechte.
Genau diese Handlungen, die über den Unterhaltsbedarf hinausgehen, benötigen einen Vorsorgeauftrag – auch bei Ehegatten. Mit dem Vorsorgeauftrag legen Sie fest, wer Ihre Interessen und Wünsche im Falle einer Urteilsunfähigkeit vertreten darf. Häufig ist das die Ehepartnerin oder der Ehepartner.
Liegt im Falle einer Urteilsunfähigkeit ein Vorsorgeauftrag vor, stehen der bevollmächtigten Vertrauensperson umfassende Vertretungsbefugnisse zu. Im besten Fall regelt der Vorsorgeauftrag eine maximale Selbstbestimmung, ähnlich wie eine Vollmacht. So sind Eingriffe von behördlicher Seite wie der KESB auf ein Minimum reduziert.
Aufgepasst: Ein Vorsorgeauftrag ist keine Vollmacht. Die Vollmacht greift bereits, sobald sie ausgestellt ist. Anders beim Vorsorgeauftrag: Er tritt erst in Kraft, wenn die Ausstellerin oder der Aussteller die Urteilsfähigkeit verliert. Urteilsunfähig sind Sie, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, vernunftgemäss zu handeln. Wenn Sie also Ihre privaten und finanziellen Belange nicht (mehr) eigenständig regeln können. Das kann nach einem Unfall oder aufgrund einer Krankheit passieren.
Was geschieht ohne Vorsorgeauftrag?
Liegt kein Vorsorgeauftrag vor, muss die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde KESB den Rechtshandlungen der urteilsfähigen Ehepartnerin bzw. des urteilsfähigen Ehepartners zustimmen. In einigen Fällen kann es sogar zur Anordnung einer erwachsenenschutzrechtlichen Massnahme kommen, d.h. die KESB würde in ihrem Ermessen entscheiden.
Um die Zustimmung der KESB zu erhalten, sind viele Nachweise zu erbringen. Dieser administrative Prozess kann nervenaufreibend und belastend sein, insbesondere in einer schwierigen Zeit, wenn es der Partnerin oder dem Partner nicht gut geht. Der Vorsorgeauftrag ist also eine sinnvolle Investition für den Ernstfall.
Ein Vorsorgeauftrag besteht aus drei Bereichen.
Die Personensorge umfasst Ihr körperliches, seelisches und geistige Wohl. Ihre Vertrauensperson soll Interessen vertreten und nach Ihren Wünschen handeln. Sie erledigt hauptsächlich alltägliche Aufgaben wie Bearbeiten des Postverkehrs oder Beaufsichtigen von Haushalts- und Pflegepersonal. Ausserdem trifft sie medizinische Entscheidungen. Diesbezüglich ist es oft ratsam, eine separate Patientenverfügung zu erstellen. In der Patientenverfügung legen Sie fest, ob Sie bei Urteilsunfähigkeit medizinische Massnahmen anordnen oder ablehnen möchten. Wichtig zu wissen: Die Patientenverfügung hat gegenüber den medizinischen Anordnungen im Vorsorgeauftrag Vorrang. Sie ist rechtsgültig, wenn Sie sie mit Namen, Adresse und Geburtsdatum versehen und sie unterschreiben.
Bei der Vermögenssorge kümmert sich Ihre Vertreterin oder Ihr Vertreter um Ihre finanziellen Angelegenheiten und um Ihr Vermögen. In erster Linie begleicht die vertretungsberechtigte Person Ihre Rechnungen und verwaltet Ihr Vermögen. Soll diese Person weitere Kompetenzen wahrnehmen, zum Beispiel eine Immobilie kaufen? Dann halten Sie auch diese Informationen schriftlich fest.
Die Vertretung im Rechtsverkehr repräsentiert Sie vor Behörden und Gerichten. Dazu gehören zum Beispiel Vertragsabschlüsse mit Versicherungen und Wohnheimen oder Pflegeeinrichtungen, Anträge bei Sozialversicherungen oder Behörden sowie das Ein-reichen der Steuererklärung.
Erleichtern Sie unerwartete Situationen, indem Sie sich jetzt rechtlich absichern.
Mit dem Vorsorgeauftrag schaffen Sie die rechtliche Grundlage, damit Ihre Ehepartnerin oder Ihr Ehepartner Sie in rechtlichen, finanziellen und persönlichen Angelegenheiten vertreten kann. Ihre Liebsten entscheiden dann nach Ihrem Willen ohne Einbezug der KESB.